Stifterportrait
Stiftungen gibt’s viele. Und entsprechend viele Stifter. Einer davon, Erich Fischer, 1938 im Sudetenland (Mähren) geboren, bin ich. Bevor ich im Jahre 1995 diese Stiftung gründete, war ich 26 Jahre lang Eigentümer und leitender Geschäftsführer eines europaweit tätigen Vertriebsunternehmens der Halbleiter Branche mit dreihundert Mitarbeitern (EBV).
Geprägt von den Entbehrungen der Nachkriegszeit und der Beschäftigung mit gesellschaftskritischen Autoren von Dostojewski bis Sartre, war ich schon früh zu der Einsicht gelangt, daß es sowohl im Kommunismus als auch im Kapitalismus extrem ungerecht zugeht, weil die, die wirklich arbeiten, mit verlogenen Parolen wie Vermögensbildung und Mitbestimmung abgespeist und von Unternehmern, Managern und „Vater“ Staat nach Strich und Faden ausgebeutet werden.
Das wollte ich in meinem eigenen Unternehmen anders machen. Mir schwebte eine zivilisierte, an sozialen – nicht sozialistischen – Prinzipien orientierte Unternehmensführung vor mit fairer Gewinnbeteiligung und echter Mitbestimmung aller Mitarbeiter. Dieses anfangs belächelte, später beargwöhnte Konzept hat – zu meiner eigenen Verwunderung – zum Vorteil aller bestens funktioniert und so war es für mich ganz selbstverständlich, meine bewährten Mitarbeiter – insgesamt 131 Damen und Herren – mit rund einem Drittel am Unternehmen zu beteiligen.
Ein weiteres Drittel meiner Geschäftsanteile schenkte ich der von mir gegründeten Internationalen Stiftung zur Foerderung von Kultur und Zivilisation als Grundstockvermögen, aus dessen Erträgen sie hauptsächlich ihre gemeinnützigen Vorhaben finanziert. Da mein Vermögen größtenteils in meinem Unternehmen investiert war, kann man sagen, daß ich annähernd zwei Drittel verschenkt habe. Das ist in meinen Augen nicht mehr als recht und billig, denn der klassische Kapitalismus, der dazu geführt hat, daß viel zu wenige viel zu viel und viel zu viele viel zu wenig besitzen, hat wie zuvor der Kommunismus endgültig abgewirtschaftet. Das beweisen Börsencrash, Wirtschaftsflaute, Massenarbeitslosigkeit und gigantische Staatsverschuldung. So weit wäre es nicht gekommen, wenn sich „Vater“ Staat nicht zu einem Selbstbedienungsladen für die, die drin sitzen entwickelt hätte, wie der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann schon 1974 befürchtete und § 14 Ab. 2 des Grundgesetzes ernst genommen würde „Eigentum verpflichtet, sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“.
Wer diese Zeilen als unzeitgemäßen Aufruf zum Klassenkampf auffaßt, mag das tun, sie sind jedoch auch als Stifter-Porträt geeignet, denn sie verdeutlichen meine Grundeinstellung ohne die diese Stiftung nicht zustande gekommen wäre. Welche Stiftungszwecke ich verwirklichen wollte, habe ich in der Stiftungssatzung verankert und im Zusammenhang mit den einzelnen Projekten näher erläutert. Die Frage, warum es gerade diese sind – es könnten in der Tat auch andere sein – läßt sich nicht mit ein paar Sätzen beantworten. Sie haben aber bei aller Unterschiedlichkeit etwas gemeinsam, gewissermaßen die gleiche Tonart, die sich sehr gut mit einer Zeile aus einem Gedicht von Bertolt Brecht beschreiben läßt „denn man sieht nur die im Lichte, die im Dunklen sieht man nicht.“
Das gilt zuallererst für das wirklich menschenfreundliche Seniorenprojekt MUSIK AM NACHMITTAG, aber auch für die unter dem Begriff AMNESTY NATIONAL zuammengefaßten Aktivitäten für Gefangene, die ich initiiert habe, weil ich überzeugt bin, daß das heutige Strafrecht immer noch in erster Linie auf dem alttestamentarischen Sanktionsprinzip (Auge um Auge) beruht und nicht nur höchst unzivilisiert ist, sondern auch unwirksam, wie die hohen Kriminalitäts- und Rückfallraten zeigen. Und auch im Bereich Kunst und Kultur geht es mir um die Förderung von eher unbekannten Kompositionen und Bühnenwerken, sowie und vor allem um die Förderung sozial und damit oft auch kulturell benachteiligten Menschen und weniger um die sogenannten Begabten, die sowieso im Lichte der Öffentlichkeit stehen und von dieser auf vielfältige Weise gefördert werden.
Auf die Frage eines ehemaligen Mitarbeiters, wie es mir als Stifter und Stiftungsvorstand ergehe, antwortete ich „gut, aber ich hätte nicht gedacht, daß Geld ausgeben genausoviel Mühe und Ärger macht wie Geld verdienen.“
© 2004, Erich Fischer
Last but not least möchte ich den unzähligen Menschen, die ehrenamtlich an den Stiftungsprojekten mitarbeiten, meinen Dank und meine Hochachtung aussprechen.